CSD-Mittelhessen 2012 – Unsere Demonstrationsinhalte

Am 01.September 2012 findet der CSD-Mittelhessen statt. Zum ersten Mal nach 18 Jahren findet wieder ein CSD (Christopher Street Day) in Gießen statt. Wir, als Autonomes Schwulen-Trans*-Queer-Referat im AStA der JLU Gießen, nehmen daran mit Personen aus dem Referat und solidarischen Einzelpersonen aus dem Umfeld an der Demonstration teil.

Nachtrag: Die Fotos, welche nicht die antihomophobe-Aktion-Fahne darstellen, sind von Fitz_Carraldo.

Es gäbe viele Forderungen und Themen, die wir hätten ansprechen können. Darunter die Genitalverstümmelung von Kindern mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen am UKGM, gegen die wir in diesem Jahr schon demonstriert haben, oder die Praxis, dass Schwule, MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) und männliche, sowie weibliche Prostituierte von der Blutspende ausgeschlossen werden, was im deutschsprachigen Raum Praxis ist, jedoch in anderen Ländern nicht oder nicht mehr der Fall ist. Auch die Rehabilitierung der nach §175 verurteilten Personen, die nach 1945 verurteilt wurden, ist ein Thema, das noch aktuell ist: Personen die damit bestraft wurden sind bis heute rechtskräftig auf Grund von homosexuellen Handlungen verurteilt: Ist das gerecht? Ein weiteres wichtiges Thema ist die Diskriminierung von Personen, die in Deutschland Asyl beantragen wegen einer Verfolgung auf Grund der eigenen sexuellen Identität oder der Geschlechtsidentität, also beispielsweise weil sie aus Ländern kommen, in denen Homosexualität noch als Straftatbestand verfolgt wird oder Queers generell ausgegrenzt werden. In Deutschland, ähnlich wie in vielen anderen europäischen Ländern wird die Verfolgung auf Grund der sexullen Orientierung trotz harter Strafen der Herkunftsländer (teilweise die Todesstrafe) nicht adäquat ernstgenommen. Dies kritisieren wir aufs schärfste.

Aus kapazitären Gründen haben wir uns für 2 Hauptthemen entschieden:


(Zum Vergrößern klicken.)

1. Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben vs. Abschaffung der Ehe:

Erst Ehe(privilegien) für Lesben und Schwule öffnen… oder doch lieber gleich Ehe(privilegien) abschaffen für alle?

Erläuterung:

Die heterosexuelle Ehe ist eine Institution, welche davon lebt, dass sie alle partnerschaftlichen Verbindungen zwischen Personen ausschließt, die nicht heterosexuell sind und/oder die nicht in der Ehe leben möchten. Viele Schwule und Lesben fordern eine Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der heterosexuellen Ehe, andere fordern eine Öffnung der heterosexuellen Ehe, so dass auch Schwule und Lesben heiraten können. Eine weitere Möglichkeit ist die komplette Abschaffung der religiös tradierten und diskriminierenden Institution der Ehe. Selbst wenn Lesben und Schwule heiraten könnten und in Sachen Steuerrecht, Adoptionsrecht, etc. gleichgestellt werden würden, hieße es, dass trotzdem weitere Gruppen ausgeschlossen wären. Beispielsweise Menschen, die polyamorös leben (mit mehreren Partner_innen zusammen sind). Diese können höchstens eine_n ihrer Partner_innen heiraten bzw. sich mit ihr_ihm verpartnern. Polyamorös lebenden Menschen ist die gesellschaftliche Teilhabe auch sonst in vielen Punkten erschwert.

Wir plädieren für die Abschaffung der Ehe. Mit der Abschaffung der Ehe würde eine Gleichbehandlung und Gleichstellung der Menschen in höherem Maße stattfinden. Eine Alternative wäre die Schaffung einer vollkommen unbelasteten Institution, welche die Eintragung für besonders nahstehende Personen ermöglicht. Dies würde beispielsweise den Besuch im Krankenhaus vereinfachen oder gewünschte Vorzüge beim Erbrecht erbringen.


(Zum Vergrößern klicken.)

2. Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) in sinnvoller Weise:

Ohne Begutachtungszwang

Erläuterung:
Trans*-Personen sind für eine Personenstands- und eine Vornamensänderung darauf angewiesen, dass Psycholog_innen Gutachten für sie erstellen. So entscheiden diese Gutachter_innen, ob die Transmänner, Transfrauen und weitere Trans*-Personen „wirklich“ transident sind. Trans*-Personen werden dadurch pathologisiert und ihnen wird das Selbstbestimmungsrecht entzogen, da letztendlich über sie entschieden wird und es von 2 Gutachter_innen abhängt, ob die jeweiligen Personen transident „sein dürfen“ oder nicht.

Ohne Pathologisierung

Erläuterung:
Transsexuelle, Transidente und Transgender werden pathologisiert. Nur durch die Diagnose „Geschlechtsidentitätsstörung“ können bei Krankenkassen Mittel für eventuelle geschlechtsangleichende Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Wir wehren uns gegen die Diagnose „Geschlechtsidentitätsstörung“ und fordern die Selbstverständlichkeit von Kostenübernahmen durch Krankenkassen ohne Trans* (Sammelbegriff für Transgender, Transidentität und Transsexualität) einen Krankheitstatus zuzuweisen.

Für eine Vereinfachung der Personenstandsänderung und der Vornamensänderung

Erläuterung:
Ähnlich wie seit Kurzem in Argentinien Praxis fordern wir eine Vereinfachung der bürokratischen und kräftezehrenden Verfahren. Wir schließen uns dem Arbeitskreis TSG-Reform an und fordern: „Anstelle des gerichtlichen Verfahrens Änderung des Vornamens und des Personenstandes auf Antrag bei der für das Personenstandswesen zuständigen Behörde.“

Für Vielfalt statt binärem Geschlecht

Erläuterung:
In der Bundesrepublik Deutschland ist durch das Transsexuellengesetz rechtlich Platz geschaffen worden für Trans*-Menschen. Diese Möglichkeit beinhaltet jedoch nur die Möglichkeit Mann oder Frau zu sein, nicht beides und nichts darüber hinaus. Transgender-Personen und andere Personen, die sich ausserhalb des binären Bereichs (Mann-Frau) definieren und zwar innerhalb eines Geschlechts-Spektrums, welches viele weitere Formen oder nicht-Formen von Geschlecht beinhaltet, finden rechtlich keinen Platz. Täglich werden sie darauf angesprochen, in dem sie mit „Herr“ oder „Frau“ bezeichnet werden. Wir fordern: Öffnung des Personenstands um zahlreiche weitere Geschlechtseinträge oder die weitgehende Abschaffung des Personenstandes an sich: Welchen Zweck erfüllt schon der binäre Personenstandseintrag, wenn selbst Frauen und Männer angeblich gleichberechtigt sind?

Für die rechtliche Möglichkeit von fluiden Geschlechtern statt starrer Zuordnung

Erläuterung:
Ebenso wie die rechtliche Möglichkeit von Transgender-Personen, also Personen, die sich weder (eindeutig) als Frau, noch (eindeutig) als Mann definieren, fordern wir eine Beachtung fluider Geschlechter: Geschlecht ist kein feststehendes Faktum. Im Laufe des Lebens entwickeln sich Menschen weiter, verändern sich – und zwar umfangreich. Ebenso kann sich das Geschlechtsempfinden verändern, wechseln, oder auch gleichbleiben.

Am Samstag treffen wir uns ab 11.30 Uhr am Berliner Platz. Lauft mit uns und zeigt, dass ein CSD mit politischen Forderungen durchaus schick sein kann!

Sachbearbeitung für Trans*-Tagung wiedergewählt

Unser Sachbearbeiter Kjartan wurde ab dem 01.August 2012 bis zum 31.April 2013 wiedergewählt. So entschied das Studierendenparlament am gestrigen 12.07.2012 in der 3. StuPa-Sitzung in dieser Periode.
Durch die momentane Haushaltssperre ist es nicht möglich ihn für seine 3/4-Stelle ab dem 01.August 2012 zu entschädigen.
Die Aufwandsentschädigung, so wurde gestern entschieden, geschieht dann rückwirkend ab Oktober, sobald ein Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt wurde.

Bis auf „Die Demokratie“, und eine Enthaltung waren alle Parlamentarier_innen des Studierendenparlaments für die Einstellung von Kjartan als Sachbearbeiter. Darunter fallen auch die konservativen Listen, sowie die gemeinsame Liste einer „Studentenverbindung“ und Burschenschaften „Projekt Zukunft!“.

Veranstaltungshinweis: Vollversammlung des ABeR-Referats

Am 13. Juni 2012 findet um 14.00 Uhr die Vollversammlung für das Autonome Referat für Behinderte und chronisch erkrankte Studierende (ABeR) statt.
Diese Veranstaltung richtet sich an alle Studierenden an der JLU Gießen.
Der Ort der Versammlung wird im AStA-Gebäude, Otto-Behaghel-Str. 25D im Raum 21 A sein.

Kontakt zum Referat: aber@asta-giessen.de
Link zur Webseite.

Senatssitzung zu Intersex*-Protesten in Gießen und Marburg

Am 06.06.2012 fand die Senatssitzung der Universität Gießen statt.
Leider war der Senat nicht bereit auf alle unsere Forderungen einzugehen, sondern nur wage eine historische Aufarbeitung zu erwägen.
Mehr dazu aus einem Blogposting von zwischengeschlecht.org:

„…Nach reger Diskussion überwies der Senat zuletzt EINSTIMMIG einen Kompromissvorschlag von Uni-Präsident Prof. Joybrato Mukherjee, das Dekanat solle zusammen mit dem Institut für Medizingeschichte eine historische Aufarbeitung kosmetischer Genitaloperationen erwägen. Danke!

Aufarbeitung ist der erste Schritt zu einer gesellschaftlichen Aussöhnung. Dieser Blog freut sich riesig, dass nach der Philipps-Universität Marburg nun auch die JLU die Problematik innerhalb ihres Geltungsbereichs proaktiv interdisziplinär angehen will – und somit einen wichtigen Beitrag leistet zur Beendigung eines gesellschaftlichen Tabus, das bekanntlich generationenlang erhebliches Leid über die Betroffenen brachte. Die JLU ist dazu fachlich gut aufgestellt. Nun sind Taten gefragt! Fortsetzung folgt …“

Neben Erwägungen, in wie fern unser Protest und der von Zwischengeschlecht.org in Zukunft weitergehen wird, werden wir hin und wieder beim Dekanat des Fachbereichs 11 und dem Institut für Geschichte der Medizin von Zeit zu Zeit nachfragen, um zu erfahren, ob eine Aufarbeitung nicht nur erwägt wurde, sondern auch konkret umgesetzt wurde, was die kosmetischen Genitalverstümmelungen am Uniklinikum Gießen und Marburg anbelangt. Danke für alle Personen, die uns bei den Protesten unterstützt haben, bei der Person, die den Protest angeregt hat, und bei allen, die auf das Thema „kosmetische geschlechtszuweisende Operationen bei Kindern“ aufmerksam gemacht wurden.

Zur Sitzung in den Ausgaben des 09.06.2012:
Gießener Allgemeine
Gießener Anzeiger

Senat und Sprechstunde (2)

Am morgigen 06.06.2012 wird im Senat eine Anfrage zu genitalverstümmelnden Maßnahmen an Kindern am UKGM behandelt. Da wir dort anwesend sein werden fällt die Sprechstunde des Referats leider aus, da die Senatssitzung länger gehen kann.

Die Menschenrechtsgruppe zwischengeschlecht.org, die morgen anwesend sein wird, schrieb hierzu:
„In der Senatssitzung vom 25.04.2012 der Justus-Liebig-Universität Gießen war das Thema „kosmetische Genitaloperationen im Universitätsklinikum Gießen / Marburg an Kindern und Jugendlichen“ bereits Tagesordnungspunkt. Prompt hatten die (ausser dem Dekan abwesenden) angesprochenen Medizin-Professoren der JLU versucht, mit einer an der Sitzung vom Rektor mündlich verlesenen „Erklärung“ eine eigentliche Debatte zum Thema zu verhindern – wenn auch ohne Erfolg.

Der Senat beschloss vielmehr, an der nächsten Sitzung vom kommenden Mittwoch 06.06.2012 das Thema sowie ausdrücklich auch eine Debatte erneut auf die Tagesordnung zu setzen (vgl. TOP 19). Zur Beratung steht dabei u.a. an, ob auch die JLU Gießen eine öffentlich zugänglich zu machende historische Aufarbeitung enschlägiger kosmetischer „Genitalkorrekturen“ an Kindern bewirken will. Betroffene fordern schon lange die bis in die 1980er-Jahre regelmäßig durchgeführten, medizinisch nicht notwendigen Klitorisamputationen an betroffenen Kindern aufzuarbeiten.“
Weitere Informationen bei der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Die Senatssitzung beginnt um 14 Uhr (Ludwigstraße 23, im Uni-Hauptgebäude).

Studierendenparlaments-Sitzung vom 10.05.2012. Konstituierende Sitzung des 51.StuPa.

Am gestrigen Abend fand ab 20 Uhr die erste (konstituierende) Sitzung des 51.Studierendenparlaments in Gießen statt. Die Sitzung ging bis ca. 02.30 Uhr in der Nacht.
Im folgenden ein paar Informationen zu besprochenen Themen, welche das autonome Schwulen-Trans*-Queer-Referat betreffen:

1) Bestätigung der autonomen Referate:
Auf unserer Vollversammlung vom 27.04.2012 wurden Mario, Danny und Mara einstimmig gewählt.
Im gestrigen Studierendenparlament wurden wir drei bestätigt mit jeweils 25 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen.

2) CSD-Antrag:
Auf der gestrigen Sitzung haben die Aids Hilfe Gießen, die Aids-Hilfe Marburg, das autonome queer-feministische Frauenreferat und wir einen Antrag auf Unterstützung des CSD-Mittelhessens gestellt. Wir beantragten 7500 Euro. Von Seitens der neuen AStA-Koalition (Uni Grün, Jusos, Unerse Uni.) wurde eine Senkung der Unterstützung auf 2500 Euro beantragt, welche das Parlament annahm. Begründet wurde dies damit, dass der CSD-Mittelhessen als externes Projekt angesehen wird und dass mit 7500 Euro ein großer Teil des Geldes, welches für externe Projekte vorgesehen ist, dann verplant wäre, da auch andere größere Projekte finanziell unterstützt werden (Globale Mittelhessen, Theatermaschine und weitere unterstützenswerte Theaterprojekte). Weiterhin wurde bedauert nicht mehr fördern zu können. Einer Gegenrede der Liste „Projekt Zukunft!“; dass vereinzelte CSDs (in Darmstadt, Kassel, usw.) zeitlich nah stattfinden (Darmstadt und Kassel jeweils am 18.08.2012) und dass das Geld für Projekte verwendet werden solle, in denen wirkliche Probleme der Studierenden angegangen wurden, wurde nicht entsprochen.
So stimmten insgesamt 2 der 31 stimmberechtigten Parlamentarier_innen gegen den Antrag auf Förderung von 2500 Euro, 4 Personen enthielten sich und 25 Parlamentarier_innen stimmten dafür.

Eine Erwähnung zur Unterstützung des CSD im Gießener Anzeiger.
Für Interessierte: Die nächste Sitzung des Studierendenparlaments findet am 31.05.2012, 20 Uhr, im Raum 6, Otto-Behaghel-Straße 25d, statt. (im AStA-Gebäude neben der Mensa).

Vollversammlung des Schwulen-Trans*-Queer-Referats 27.04.2012

Auch hier nochmal die Erinnerung:

Am 27.04.2012, um 14 Uhr, findet die Vollversammlung des Autonomen Schwulen-Trans*-Queer-Referats im AStA der JLU Gießen statt.

Bei der Versammlung geht es um das Kennenlernen untereinander. Ausserdem wird über aktuelle und zukünftige Projekte gesprochen. So könnt ihr die Arbeit der Arbeitskreise der Queeren Ringvorlesung ebenso kennenlernen, wie beispielsweise des CSDs oder der Trans*-Tagung. Jede Person, die eigene Projekte im Referat verwirklichen möchte, kann diese hier jedoch auch einbringen.

Wie jedes Jahr finden darüber hinaus Wahlen statt. Da es momentan nur eine Person für die Referats-Stelle gibt, werden weitere Personen gesucht, die Interesse haben im Schwulen-Trans*-Queer-Referat einzusteigen.
Ein Vorbereitungstreffen zur Vollversammlung fand am 18.04., um 17 Uhr, im Gartenhaus statt. Bei diesem Treffen wurde darüber gesprochen, in wie fern wir miteinander oder auch gegeneinander, bei der Wahl antreten.

Die Wahl richtet sich an alle Personen, die sich als schwul, Trans* oder queer definieren und Student_innen an der JLU Gießen sind.

Vollversammlung Wann: 27.04.2012, 14 Uhr.
Vollversammlung Wo: Im Gartenhaus. Wegbeschreibung unter http://schwulenreferat.blogsport.de/kontakt/

Hinweis: Das Gartenhaus ist nicht rollstuhlgerecht.


Senat und Sprechstunde

Am morgigen 25.04.2012 wird im Senat eine Anfrage zu genitalverstümmelnden Maßnahmen an Kindern am UKGM behandelt. Da wir dort anwesend sein werden fällt die Sprechstunde des Referats leider aus.

Die Senatssitzung beginnt um 14 Uhr (Ludwigstraße 23, im Uni-Hauptgebäude) und kann unter Umständen länger gehen.

Veranstaltungen in den nächsten Tagen

Nach der Frühlingsgefühle-Party mit veganem Grillen und feucht-fröhlichem Beisammensein, folgte gestern eine Protestveranstaltung vor dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM). Zusammen mit der Menschenrechtsgruppe zwischengeschlecht.org waren wir mit dem FrauenLesben-Referat Marburg und dem autonomen queer-feminischen Frauenreferat Gießen einig in der Forderung: Keine Operationen mehr am UKGM an Kindern, die mit „uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen“ geboren werden. Ausserdem fordern wir eine Aufarbeitung der Praktiken am UKGM. Betroffene sollen später selbst entscheiden können, ob sie Operationen wollen. Unsere Forderung bezieht sich selbstverständlich nicht auf Operationen, die medizinisch notwendig sind. Die Operationen, die wir kritisieren sind in den überwiegenden Fällen kosmetische Operationen, welche medizinisch nicht notwendig sind, weitere Operationen zur Folge haben und vorallem einen langen Leidensweg für die Betroffenen.

In Marburg findet heute eine Informationsveranstaltung zum Thema Inters*x statt: Der Infoabend findet um 19 Uhr im Hörsaal 115 (+1/0120), Hörsaalgebäude, Philipps-Universität Marburg, statt.

Ein ähnlicher Vortrag wird am Dienstag in Gießen stattfinden: Im Café Giramondi, Bahnhofstraße 53, 35390 Gießen. 19 Uhr.

In Gießen wird am heutigen Montag (23.04.2012) der Einführungsvortrag der Queeren Ringvorlesung stattfinden. Diesen wird Dr. María do Mar Castro Varela halten. Thema ist: „Postkolonialismus und sexuelle Identität“. Ein bis jetzt nicht vielfältig beachtetes, jedoch spannendes Thema. In der Bismarckstraße 37 (Alte Universitätsbibliothek) findet der Vortrag um 19 Uhr statt.

Am Mittwoch werden wir dann eine Anfrag zum Thema Intersex in den Gießener Senat einbringen. Die Sitzung ist öffentlich und findet am 25.04.2012 um 14 Uhr im Universitäts-Hauptgebäude in der Ludwigstraße 23 statt. Mehr dazu unter www.zwischengeschlecht.info

Pressereaktionen auf die Proteste am Sonntag:
– Artikel mit Foto über unsere Proteste am 22.04.2012 vor dem UKGM. Gießener Anzeiger (Artikel vom 23.04.2012).
– Artikel mit Foto über unsere Proteste am 22.04.2012 vor dem UKGM. Gießener Allgemeine (Artikel vom 23.04.2012).

Zwei Fliegen mit einer Klappe (zum Senatsantrag bezüglich kosmetischen Genitaloperationen im Universitätsklinikum Gießen und Marburg)

PRESSEMITTEILUNG des Autonomen FrauenLesben-Referats im AStA Marburg

Zwei Fliegen mit einer Klappe

In der Senatssitzung der Universität Marburg am 16.04.2012 wurde als Tagesordnungspunkt 9 der Antrag „Stellungnahme des Senats zu kosmetischen Genitaloperationen im Universitätsklinikum Marburg / Gießen an Kindern und Jugendlichen“ von den Linken Listen und dem Autonomen FrauenLesbenReferat in Kooperation mit der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org eingebracht.

Darin wurde der Senat und das Präsidium aufgefordert, eine öffentliche Stellungnahme zur Problematik von kosmetischen Genitaloperationen bei Kindern und Jugendlichen mit „atypischen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen abzugeben, eine Darstellung und Auseinandersetzung zum Ausmaß und Umfang dieser Praxis am Universitätsklinikum Marburg zu bewirken und sich für eine Untersagung dieser Praxis einzusetzen.

Schon zu Beginn der Sitzung wurde versucht dem Tagesordnungspunkt durch Streichung zu entgehen.

Neben den regulären Senatsmitgliedern waren Vertreter_innen der antragstellenden Gruppen sowie weitere Gäste anwesend. In den hinteren Reihen fanden sich Vertreter des Uniklinikums ein. Letztere waren vom Universitäts-Präsidium eingeladen worden, um den Umgang mit kosmetischen Genitaloperationen am Uni-Klinikum zu erläutern. Der (Chef?) Vertreter der Kinderchirurgie erklärte zunächst wie auch gegenüber der OP, dass nur medizinisch indizierte Operationen an Kindern und Jugendlichen durchgeführt würden. Um so erstaunlicher war dann seine Antwort auf eine detailliertere Nachfrage hinsichtlich des Vorgangs bei einer Operation der Harnwege (Hypospadie“korrektur“), in welcher er lapidar meinte, dass wenn während einer medizinisch notwendigen Operation die Möglichkeit einer kosmetischen Korrektur bestünde, man dann auch „zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt.“

Die Aufforderung des Präsidiums und verschiedener Senatsmitglieder „doch den Experten zu vertrauen“ erscheint durch die oben angeführte Äußerung in einem anderen Licht. „Natürlich werden in der medizinische Praxis diese Operationen nicht als kosmetische Genitaloperationen bezeichnet, sondern sie werden mit anderen Begriffen verschleiert“, kommentiert Petra Thesing, Senatorin der Linken Listen, die Ausführungen des Kinderchirurgen.

Angesichts solcher Äußerungen erscheint die Reaktion des Senats noch verwunderlicher zu sein. Viele Senatsmitglieder fanden das Thema zwar interessant und wollen sich weiter damit auseinandersetzen, dennoch wurde nur einer Darstellung und Analyse der gegenwärtigen und historischen Praxis in Marburg und der Umgang in der Lehre zugestimmt. Eine öffentliche Stellungnahme und eine klare Positionierung gegen nicht medizinisch notwendige Genitaloperationen bei Kindern und Jugendlichen wurde hingegen abgelehnt.

ANTRAG: Stellungnahme des Senats zu kosmetischen Genitaloperationen im Universitätsklinikum Marburg / Gießen an Kindern und Jugendlichen

Kosmetische Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen, die sogenannte „atypische“ körperliche Geschlechtsmerkmale aufweisen, haben für viele der Betroffenen verheerend psychische und physische Folgen. Darunter fallen Verlust der sexuellen Empfindungsfähigkeit, schmerzende Narben im Genitalbereich, gesundheitliche Schäden infolge der Kastration und Traumatisierung durch aufgezwungene Behandlungen.

Seit Jahren kritisieren u.a. die Deutschen Sektionen von Amnesty International und Terre des Femmes diese Eingriffe als menschenrechtswidrig und unterstreichen die Parallelen zur weiblichen Genitalverstümmelung.1 Ebenso rügten die UN-Komitees CEDAW und CAT Deutschland wegen Nichteinhaltung ihrer Schutzpflicht gegenüber den betroffenen Kindern und Jugendlichen.2

Wir sehen diese medizinischen Eingriffe als eine starke Beschneidung des Rechts von Kindern und Jugendlichen auf körperliche Integrität und Lebensqualität, insbesondere im Bereich des sexuellen Empfindungsfähigkeit, und die freie Entwicklung der Persönlichkeit, sowie des Rechts von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation bzw. Selbstbestimmung. In verschiedenen Ländern, wie der Schweiz und Deutschland, wurde aktuell die ethische Überprüfung von kosmetischen Genitaloperationen veranlaßt. In der BRD veröffentlichte der Deutsche Ethikrat im Auftrag der Bundesregierung am 23. Februar dieses Jahres eine Stellungnahme „Intersexualität“3, die das physische und psychische Leiden der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen und –behandlungen anerkannte und einen anderen Umgang mit nicht-eindeutigen körperlichen geschlechtlichen Merkmalen forderte4. Zudem forderte der Deutsche Ethikrat dazu auf, den Betroffenen Entschädigungsleistungen zukommen zu lassen5 und im gleichen Zuge die Verjährung analog den bereits bestehenden Gesetzen betreffend sexualisierte Gewalt an Kindern und Schutzbefohlenen auszusetzen.6

Um den Umfang und das Ausmaß an kosmetischen Genitaloperationen nachvollziehen zu können, bedarf es ebenfalls einer historischen Betrachtung. Prof. Dr. Hans Naujoks, der ab 1926 als Oberarzt und Professor auch in Marburg und später als Leiter der Frauenklinik in Köln tätig war, beispielsweise führte bereits Genitaloperationen und künstliche Hormonbehandlungen an Kindern und Jugendlichen durch und publizierte einige Studien zu dem Thema. In einer Dissertation von 1996 wurde in diesem Zusammenhang eine Publikation von Hans Naujoks aus dem Jahr 1934 hervorgehoben, die eine „[Klitoris-]Amputation mit Stumpfbildung“7 in Verbindung mit einer experimentelle Fertilitätsbehandlung mit künstlichen Hormonen schilderte. Erst vor Kurzem wurden seine Methoden und Ansätze u.a. vom Deutschen Ethikrat als „rassistisch motivierte medizinische Operationen an intersexuellen Menschen“ (Dt. Ethikrat, 19.7.11) kritisiert.8 Der Umgang mit derartigen medizinischen Praxen zeigt eine Kontinuität in der Behandlung von intersexuellen Menschen mit nicht-eindeutigen körperlichen Geschlechtsmerkmalen auf, die zurück bis in die NSZeit in Deutschland reichen.

Auch an den Universitätskliniken in Gießen und Marburg werden weiterhin in Bereichen der Endokrinologie, Kinderchirurgie und Kinderurologie kosmetische Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen durchgeführt, u.a. Hypospadiekorrekturen, Klitoris- und Vaginalplastiken und chirurgische Hodenverlagerungen. Auch am Klinikum Fulda, dem Akademischen Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg, werden in der Fachabteilung der Kinderurologie regelmäßig Hypospadiekorrekturen und chirurgische Hodenverlagerungen durchgeführt.9 experimentelle Fertilitätsbehandlung mit künstlichen Hormonen schilderte. Erst vor Kurzem wurden seine Methoden und Ansätze u.a. vom Deutschen Ethikrat als „rassistisch motivierte medizinische Operationen an intersexuellen Menschen“ (Dt. Ethikrat, 19.7.11) kritisiert.8 Der Umgang mit derartigen medizinischen Praxen zeigt eine Kontinuität in der Behandlung von intersexuellen Menschen mit nicht-eindeutigen körperlichen Geschlechtsmerkmalen auf, die zurück bis in die NSZeit in Deutschland reichen. Auch an den Universitätskliniken in Gießen und Marburg werden weiterhin in Bereichen der Endokrinologie, Kinderchirurgie und Kinderurologie kosmetische Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen durchgeführt, u.a. Hypospadiekorrekturen, Klitoris- und Vaginalplastiken und chirurgische Hodenverlagerungen. Auch am Klinikum Fulda, dem Akademischen Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg, werden in der Fachabteilung der Kinderurologie regelmäßig Hypospadiekorrekturen und chirurgische Hodenverlagerungen durchgeführt.9

Wir fordern den Senat und das Präsidium der Philipps-Universität Marburg auf:

– eine öffentliche Stellungnahme gegen nicht medizinisch notwendige Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen und nicht medizinisch notwendigen Hormonbehandlungen an Kindern und Jugendlichen abzugeben.

– eine öffentlich zugängliche Darstellung des Umfangs, dem (historischen) Ausmaß und der Dauer von kosmetischen Genitaloperationen zu bewirken. Dies beinhaltet zudem eine Analyse über den Umgang mit kosmetischen Genitaloperationen in der Lehre.

– Des weiteren fordern wir den Senat der Philipps-Universität Marburg auf sowohl in der medizinischen Ausbildung als auch am Universitäts-Klinikum der Universitätsstadt Marburg und deren Zweigstellen darauf hinzuwirken, dass diese Operationen und Behandlungen als Bestandteil der medizinischen Praxis untersagt werden.

1 – Amnesty International, Sektion Deutschland: Vgl. Beschluss der Jahresversammlung 2010. http://www.mersihamburg.

de/Main/20100526001

– Konstanze Plett: „Die Macht der Tabus“, amnesty journal 03/08, S. 23.

– Terre des Femmes Deutschland: Vgl. Marion Hulverscheidt: „Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen“, in: TDF- Menschenrechte für die Frau 3/4/2004, S. 23-26.

Auch internationale FGM-Expertinnen unterstreichen seit Jahren die Parallelen zur weiblichen Genitalverstümmelung, vgl.:

– Hanny Lightfoot-Klein: „Der Beschneidungsskandal“. Berlin: Orlanda, 2003

– Hana Asefaw/Daniela Hrzán: „Genital Cutting – Eine Einführung“, in: ZtG Bulletin 28, Berlin 2005.

2 Abschliessende Bemerkungen des UN-Komitees zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zum 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland(CEDAW/C/DEU/CO/6), Punkte 4, 61, 62 und 67. http://www2.ohchr.org/english/bodies/cedaw/docs/co/CEDAW-C-DEU-CO6.pdf

3 http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-intersexualitaet.pdf .

4 Empfehlung 6 und 7 zur medizinischen Behandlung, Stellungnahme „Intersexualität“ S. 174.

5 Vgl. Abschnitt 8.3.8.1. „Entschädigungsfonds“, Stellungnahme „Intersexualität“ (S. 164-166).

6 Empfehlung 14 zur medizinischen Behandlung, Stellungnahme „Intersexualität“ S. 176.

7 Dominik Leitsch: „Die Intersexualität. Diagnostik und Therapie aus kinderchirurgischer Sicht.“ Dissertation, Köln 1996, S. 47. Die von Leitsch angesprochene Publikation: Hans Naujoks: „Über echte Zwitterbildung beim Menschen und ihre Beeinflussung“, in: Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie Nr. 109/2, S. 135-161.